Auf dem Fahrrad in die Zukunft
von Konstantin Sieren
Jahr für Jahr werden mehr Pkw zugelassen, obwohl nachweislich jeder, der in die Pedale tritt, unsere Städte von zu viel Lärm, Blech und Abgasen entlastet. Was muss passieren, damit mehr Menschen aufs Rad umsteigen?
Wer heute auf dem Fahrrad in vielen deutschen Städten unterwegs ist, muss nicht nur vorsichtig, sondern auch leiderprobt sein: Viel zu enge Radwege, die einfach aufhören, das mulmige Gefühl, wenn ein Lkw oder Bus neben einem steht und rechts abbiegen will, dazu das Bild der vielen weißen Fahrräder im Stadtbild vor Augen, das uns alle schmerzlich daran erinnert, dass ein Mensch im Straßenverkehr sein Leben verloren hat.
Das Auto ist dennoch weiterhin als dominierendes Verkehrsmittel akzeptiert, denn 43 Prozent der Menschen und 14 Prozent Mitfahrer ziehen den Pkw den öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Rad oder einem Fußmarsch vor. Dabei werden kürzere Fahrzeiten durch die Nutzung des Autos gar nicht erreicht, da man als Radfahrer im Stadtverkehr meist schneller am Ziel ist. Auch finanziell ist der Radler im Vorteil, da keine Betriebskosten entstehen und andere Kosten erheblich geringer ausfallen. Der Umfang der für den Autoverkehr versiegelten Fläche ist dagegen enorm, denn die Autonutzung erfordert viel Platz, ca. 87 Prozent des Flächenverbrauchs in der Stadt. Die steigende Anzahl von Berufspendlern wird das gesundheitliche Risiko für die Stadtbewohner noch verschlimmern, denn durch die entstehenden Staus wird mehr Kraftstoff verbraucht und damit mehr klimaschädliches CO2, Stickoxide und Feinstaub ausgestoßen.
Da die Bevölkerungszahlen insbesondere in den Ballungszentren Deutschlands wachsen, ist anzunehmen, dass sich die zuvor dargestellten Probleme verstärken werden. Wie die Mobilität von morgen bei uns aussehen könnte, zeigen Städte wie Amsterdam und Kopenhagen. Beide Städte haben eine attraktive Rad-Infrastruktur geschaffen, die Schutzzonen für Radfahrende bietet. Diese Wege sind nicht nur mehr als doppelt so breit wie unsere, sondern auch von der Straße abgetrennt, da sie erhöht sind. Gleichzeitig sorgen die Vorrangschaltungen der Ampeln für Radfahrende für mehr Sicherheit. Die Ampeln sind zudem an das Tempo der Radelnden angepasst, so dass zeitsparendes Fahren möglich wird. In diesen Städten ist das Unfallrisiko daher eklatant niedriger als in deutschen Städten. Wie sehr sich die Stadt für das Wohlbefinden ihrer Radfahrer einsetzt, zeigt sich auch an ausgeklügelten Aufmerksamkeiten wie dem schräg aufgestellten Fahrradmülleimer am Wegesrand sowie an den Fahrradgeländern an den Ampeln, die ein unbequemes Absteigen unnötig machen.
Es ist höchste Zeit, dass deutsche Städte diesem Beispiel einer fahrradgerechten Infrastruktur folgen, um nicht nur die gesundheitlichen Risiken für den einzelnen, sondern auch für die Umwelt zu verringern. Das Umsteigen auf das Rad wird allerdings nur dann gelingen, wenn es auch politisch gewollt ist, um die dazu nötigen Maßnahmen durchzusetzen.
Konstantin Sieren