Im Geschichtsunterricht mit Frau Malcherek hat unsere Klasse 9d sich im Rahmen eines Projektes mit der Industrialisierung in Deutschland beschäftigt. Nachdem wir uns inhaltlich mit der Industrialisierung in Deutschland im 19. Jahrhundert beschäftigt hatten, durften wir aus fünf Unterthemen (Kinderarbeit, Rolle der Frau, Urbanisierung, die Fabrik, Wohnverhältnisse und Familienleben) eines auswählen und mittels einer kreativen Gestaltung bzw. digitalen Anwendung veranschaulichen.
Neben Podcasts oder Erklärvideos haben manche Kleingruppen auch Kahoot-Spiele oder PowerPoint-Präsentationen selbst erstellt. Wir finden die Ergebnisse sehr anregend und aufschlussreich. Vielleicht ihr ja auch! Viel Spaß beim Entdecken!
Podcast "Kinderarbeit"
Podcast "Frauen in der Industrialisierung"
Grundriss einer Mietskaserne
Geschichte von Elisa
Wir begeben uns jetzt auf eine Zeitreise. Reisen wir ins Jahr 1875 nach Essen und besuchen die Familie Neumann. Gerade spielt sich eine Alltagssituation in der kleinen bescheidenen Stube der Betriebswohnung ab.
Dort treffen wir Elise Helene.
Elise erzählt:
Hallo, heute möchte ich euch etwas über meine große Familie erzählen. Ich bin 8 Jahre alt und wohne mit meinen Eltern, meinen 4 Geschwistern und meinen Großeltern in einer Arbeiterwohnung von Alfred Krupp. Ich stelle sie alle einmal vor: meine Eltern Maria und Georg arbeiten den ganzen Tag für Krupp, dessen Fabrik direkt neben unserer Wohnung liegt.
Meine Geschwister und ich hocken also den ganzen Tag aufeinander und streiten uns deswegen oft. Meine Großmutter Gisela ist zwar immer im Haus, kann uns jedoch nicht helfen, weil sie sich durch die dreckige Wohnung einen Infekt eingefangen hat. Unser Großvater Ulli ist sehr streng und schimpft oft. Meine Schwester Olga Margarete ist 14, sie ist Mutters Liebling und bekommt deswegen manchmal eine zweite Portion von Mutters leckerer Hühnersuppe, die nur an Geburtstagen auf den Tisch kommt.
Ich glaube, meine Mutter ist einfach nur stolz auf sie, weil Olga schon arbeiten kann. Sie arbeitet in einer Stofffabrik und finanziert mit ihrem Gehalt unsere Lebensmittel. Die jüngste von uns ist meine Schwester Anna Dorothea, sie ist erst ein Jahr alt und ist immer am Schlafen und stört nicht, deswegen ist sie meine Lieblingsschwester. Mein Bruder Jörg Lukas ist 6 Jahre alt und er nervt mich, er spielt immer mit seiner Holzeisenbahn auf dem Boden und dann habe ich keinen Platz mehr, mit meinen Puppen dort zu spielen und tja dann streiten wir uns auch mal.
Mein Bruder Friedrich Kurt ist 11 Jahre alt er muss Großvater manchmal bei der Arbeit helfen und das Holz für den Kamin holen. Mutter und Vater haben wenig Zeit für uns und meine größeren Geschwister müssen alle arbeiten also muss ich auf meine 2 kleinen Geschwister aufpassen und das ist äußerst beschwerlich. In einem Jahr muss ich nicht mehr für die Kleinen sorgen und habe schon selber zu arbeiten. Das strebe ich jedoch nicht an, da ich dann Angst habe, dass ich aus dem Haus geschickt werde, wenn ich mein eigenes Geld verdienen kann.
Wenn meine Eltern wieder nach Hause kommen, schlafen wir meist schon. Sie müssen morgens in aller früh aufstehen und dann direkt zur Arbeit. Meine Mutter hat gerade mal Zeit uns ein Frühstück zuzubereiten meine Geschwister und ich haben den Haushalt zu führen und ich muss fast jeden tag kochen. Einmal wollte ich Kartoffelbrei machen, doch dann musste meine kleine Schwester gewickelt werden und die Kartoffeln sind angebrannt, es hat so gestunken und ich hatte Angst, dass unser ganzes Haus wegen mir in Flammen steht. Doch gottlob war ein Nachbar zu Hilfe.
Manchmal denke ich, wenn meine Eltern den ganzen Tag arbeiten, müssten wir doch eigentlich reich sein, aber mein Vater sagt das Geld reicht gerade mal für unsere Wohnung und die ist echt nicht schön. Eigentlich bräuchten wir im Haushalt eine Hilfe, aber die können wir uns auch nicht leisten, doch manchmal besuchen uns fremde Menschen zuhause und übernachten bei uns für ein paar Tage. Vater sagt dafür bekommen wir Geld und dass wir so unsere Miete und unser Essen bezahlen können. Es ist ziemlich anstrengend zu Hause, besonders mit meinen kleinen Geschwistern.
Nach meinem kleinen Missgeschick mit den Kartoffeln kommt meine Mutter öfters während ihrer Arbeitszeit vorbei und schaut, ob alles in Ordnung ist. Aber sie muss aufpassen, dass sie nicht von Krupp erwischt wird. Ich glaube sie hat Angst vor ihm, denn sie sagt, dass er ihr schnell kündigen kann. Wenn Mutter und Vater ihre Arbeit dort verlieren, dann verlieren wir auch unsere Wohnung und dann müssten wir wahrscheinlich umziehen, das möchte ich vermeiden und mache deshalb keine Kartoffeln mehr, sie schmecken uns eh nicht gut. Vater sagt Es gibt seit Neuem noch viel kleinere und schlimmere Wohnungen als unsere und deshalb sollten wir unsere doch recht große und in seinen Augen schöne Wohnung schätzen.
Dass unsere Wohnung für manche noch groß ist, kann ich mir gar nicht vorstellen, denn wir haben schon sehr wenig Platz. Ich und meine ganzen Geschwister müssen alle im gleichen Bett schlafen, das ist nicht gerade bequem. Ich verstehe außerdem nicht, wie Vater unsere Wohnung schön finden kann. Ich meine, man sieht überall Schmutz und Dreck und es stinkt, weil wir nicht lüften können, da die Schadstoffe aus der Fabrik in der Luft um unsere Wohnung liegen. Es ist einfach nur schäbig und alles andere als schön.
Meine Freunde finden alle Herrn Krupp sehr nett, doch ich mag ihn nicht besonders. Sie meinen, er gibt Ihnen ein neues Zuhause mit einer schönen Schule, allerdings kann ich gar nicht in die Schule gehen, weil ich auf meine Geschwister Obacht geben muss. Doch trotzdem liebe ich meine chaotische große Familie und bin froh über unsere kleine schäbige Wohnung. Jedoch wünsche ich mir, dass wir mehr gemeinsame Zeit als Familie haben.